Neues Wandgemälde

Seit 2009 erinnert mit dem 20. Gedenkjahr ein Wandgemälde „Keine Gewalt“ des Dessauer Künstlers Fridolin M. Kraska auf der Westempore an die Geschehnisse von 1989. Das Bild gibt wieder, wie beeindruckend gewaltlos und doch voller Dynamik die Geschehnisse von 1989/90 abgelaufen sind. Dem Künstler, selbst bei den Ereignissen zugegen gewesen, waren aufgrund der Authentizität die aus seiner Sicht entscheidenden Merkmale der Friedlichen Revolution in Dessau wichtig. Sie sind in einer elementaren Symbolik auf dem Gemälde wieder zu finden. Die Kirchengemeinde beschließt im Laufe des Jahres 2009, im Blick auf die Gedenkveranstaltungen der Landeskirche und der Stadtgemeinden, dieses Wandgemälde auf der ehemaligen Orgelempore anzubringen. Die Kosten belaufen sich auf etwa 8.000 €. Info-Blatt download

Am 20. Oktober 1989 fand das erste von insgesamt zwölf „Gebeten um Erneuerung“ in der St. Johanniskirche Dessau statt. 2000 Dessauer fanden Einlass, etwa 1000 mussten vor der Kirche bleiben. Nach dem Gottesdienst wird die Möglichkeit zum Gespräch und zur öffentlichen Meinungsäußerung am Mikrofon von zahlreichen Besuchern der Veranstaltung genutzt. Damit ist auch in Dessau der Durchbruch geschafft. Zur gleichen Zeit demonstrieren etwa 2000 Dessauer Bürger friedlich für radikale Veränderungen. Bereits am 27. Oktober finden sich nach dem Gebet um die 10.000 Teilnehmer zu Demonstrationszwecken in Dessau ein. Am 3. November fand das „Gebet“ schon in vier Dessauer Kirchen statt. Die größte Demonstration in der Geschichte Dessaus schließt sich an. Schätzungen gehen von 50-70.000 Teilnehmern aus. Auf dem Rathausplatz wird ein Forderungskatalog an die Stadtverwaltung verlesen.

Die Kirchen haben einen wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung und zur Gewaltlosigkeit in Form von Deeskalationsarbeit in der Stadt geleistet. In Dessau war es das Verdienst der damaligen Pfarrer von St. Johannis, KOP Alfred Radeloff und Pf. Peter Rauch, dass einerseits ein Forum für das Offenlegen aller drängenden Probleme aber auch durch umsichtiges Agieren ein friedlicher Verlauf des Geschehens gewährleistet war. Der Gottesdienst „Gebet um Erneuerung“ wurde bis zum 16. März 1990 eine feste Einrichtung der Stadt, zu der bis zu 3.500 Menschen in die Johanniskirche kamen.

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig schreibt zum Gedenkjahr 2009: Vertraut den neuen Wegen. So lautet der Titel eines Kirchenliedes (Evangelisches Gesangbuch Nr. 395), das Prof. Klaus-Peter Hertzsch 1989 neu gedichtet hat. So soll auch das Motto einer Zusammenstellung kirchlicher Veranstaltungen in Anhalt zum 20. Jahrestag der friedlichen Revolution sein. Mit offenen Worten, Predigten und Gebet nahm diese Revolution ihren Auftakt vor allem in den Kirchen. Viele Menschen, nicht nur in der DDR, verband dabei die Überzeugung, neue Wege finden zu müssen. Völlig unklar war vor 20 Jahren jedoch, in welche Richtung diese Wege führen würden. Die Hoffnung, die Bedeutung der Kirchen über die Wiedervereinigung Deutschlands hinaus erhalten zu können, wurde enttäuscht. Gleichzeitig jedoch wurden den Gemeinden, Diensten und Werken völlig neue Aufgaben zugeordnet, die Christinnen und Christen – gerade in Zeiten größter Unsicherheit – durch ihr in Gott geborgenes Vertrauen bewältigen konnten. Die Evangelische Landeskirche Anhalts lädt in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, Einrichtungen und Einzelpersonen zu einer Reihe von Veranstaltungen ein, die an die friedliche Revolution vor 20 Jahren erinnern. Neben der Zeitzeugenschaft werden dabei immer wieder auch Versuche einer grundsätzlichen Deutung zu erleben sein. Zwei Jahrzehnte des Abstands sind allerdings noch nicht hinreichend, um frei von persönlicher Betroffenheit über die Ereignisse sprechen zu können. Auch dieser Aspekt soll daher seinen Raum in den Veranstaltungen finden. Die Evangelische Landeskirche Anhalts nimmt damit den Faden wieder auf, der vor mehr als 20 Jahren begann. Erneut vertrauen wir den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist.

Über die Ereignisse gibt es eine Broschüre der Landeskirche mit dem Titel „Gebet und Aufbruch“ 2. Auflage 2009, in der man die Einzelheiten anhand von Zeitzeugenberichten und Originaltexten erfahren kann. Die Broschüre ist in der Johanniskirche, zu den üblichen Öffnungszeiten der Offenen Kirche und im Landeskirchenamt, Friedrichstraße 22-24 in 06844 Dessau-Roßlau erhältlich.